Archiv der Kategorie: Familienrecht

Eltern haften für ihre Kinder!

Dieser ständig wiederholte und an vielen Gefahrenstellen zu lesende Satz trifft grundsätzlich nicht zu (vgl. Jauernig/Teichmann, § 832 BGB, Rn. 1). Gleichwohl kennt das BGB eine Norm, die die Haftung der Eltern für Schädigungen durch ihre Kinder begründen kann, nämlich § 832 I BGB. Dass der obige Standardsatz nicht gerade aufgrund dieser Regelung gilt, ist zuvörderst daran zu erkennen, dass § 832 I BGB eine Haftung nicht etwa „für das Kind“, also für dessen den Eltern angelastetes Verschulden begründet, sondern an eine eigene Pflichtverletzung derselben anknüpft, nämlich an eine Verletzung der Aufsichtspflicht, § 832 I 2 BGB.

Mit einer Konkretisierung dieser Pflicht, die nicht nur Eltern von Kindern treffen kann, bei diesen aber sehr klar aus §§ 1626 I 1, 1631 I BGB folgt, befasst sich das LG Wuppertal in einem Urteil vom 17.10.2017 (16 S 19/17 = BeckRS 2017, 132100). Weiterlesen

Zuweisung der Ehewohnung

In der Ehe läuft es nicht gut; genau genommen läuft es schlecht. Immer schlechter. Es kommt zu Streitigkeiten und letztlich wird klar: Eine Trennung ist erforderlich, Perspektive: Scheidung. Zugunsten der Kinder, aus finanziellen Gründen oder aufgrund der Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu finden, erfolgt die Trennung zunächst innerhalb der ehelichen Wohnung oder des ehelichen Hauses – auch im Hinblick auf die Scheidungsvoraussetzung des Trennungsjahres (§ 1565 II BGB) ist dies möglich, § 1567 I 2 BGB.

Die Spannungen allerdings werden nicht behoben, im Gegenteil: Es wird schlimmer. Die Auseinandersetzungen eskalieren, die Kinder leiden unter der Situation und es kommt zu unliebsamem Besuch neuer Partner. Was ist in dieser unerträglichen Situation zu tun? Weiterlesen

Seniorenrecht, Vorsorge und Elder Mediation – Eine Erklärung

Kurzzusammenfassung für Eilige

„Seniorenrecht“, „Elder Mediation“ und „Vorsorge“ sind Oberbegriffe für eine Vielzahl von unterschiedlichen Regelungs- und Gestaltungsanliegen und -methoden. Thematisch erfasst werden insbesondere:

  • Betreuungsverfügungen
  • Vorsorgevollmachten
  • Patientenverfügungen
  • Praktische Vorsorge für den Pflegefall
  • Bestattungsvorsorge
  • Vermögensvorsorge
    • Vorweggenommene Erbfolge
    • Klassische Erbfolge
    • Jeweils mittels verschiedenster Instrumente
    • Erbschaftsstreitigkeiten
    • Versicherungsansprüche
    • Sozialleistungsansprüche
    • Unterhaltsansprüche

Wichtig für jeden Älterwerdenden ist, sich dieser Möglichkeiten bewusst zu sein und ihre Bedeutung für die eigenen Lebensumstände, eventuell mittels fachkundigen Rats, zu ermitteln.

Begriffliche Ausgangssituation

Häufig ist die Rede vom demographischen Wandel: Die Gesellschaft altere, heißt es allenthalben. Dieser Umstand zeigt sich auch in einer zunehmenden Fokussierung von Rechtsanwälten und Mediatoren auf Themen, die ältere Menschen betreffen oder all diejenigen, die mit solchen familiär verbunden sind. Weiterlesen

Bestattungskosten und -vorsorge

In der anwaltlichen Praxis zeigt sich: Neben Vorsorgemaßnahmen für Alter und Krankheit wie Generalvollmacht, Patientenverfügung und Testament sollte auch an die Bestattungsvorsorge gedacht werden, um sicherzustellen, dass die Bestattung nach den eigenen Vorstellungen erfolgt.

Dabei ist folgender Regelungskontext im Blick zu behalten:

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes (OVG Lüneburg, BeckRS 2003, 22153) und ähnlicher Gemeinwohlerwägungen (vgl. VG Düsseldorf, BeckRS 2013, 59581) ist die Pflicht zur Bestattung mit einigen Anforderungen an die konkrete Umsetzung öffentlich-rechtlich determiniert (z.B. §§ 30ff. BestattG-BW). Vorgesehen ist, dass überlebende Angehörige verpflichtet sind, die Bestattung innerhalb eines recht kurzen Zeitraums vorzunehmen (z.B. § 37 I 1 BestattG-BW). Welche Angehörigen das sind, bestimmt das Landesrecht (z.B. § 31 I 1, 2 i.V.m. § 21 I Nr. 1, III BestattG-BW). Sie tragen dafür zunächst auch unabhängig von zivilrechtlichen Fragestellungen die Kosten (vgl. BGH, ZEV 2012, 559, 560f.).

Neben diese Bestattungspflicht tritt ein Bestattungsrecht (nicht aber eine weitere -pflicht, vgl. Gutzeit/Vrban, NJW 2012, 630, 631 mwN auch zur aA) privatrechtlicher Natur, das zunächst gewohnheitsrechtlich den Angehörigen zukommt (Palandt/Weidlich, Vor. § 1922 BGB, Rn. 10). Im Gegensatz zu der genannten Pflicht wird dieses nicht von Gemeinwohlerwägungen getragen, sondern von der Anerkennung des Willens des Verstorbenen, dessen persönlichkeitsrechtliche Bedeutung über den Tod hinausreicht (so schon das RG, RGZ 100, 171). Daher bestimmt sich der Inhaber dieses Rechts vorrangig nach eben diesem Willen. Die Bestattungsmodalitäten sind nicht eigentlicher Teil der Regelungen zur Vermögensnachfolge, unterliegen also grundsätzlich nicht dem Regime des Erbrechts (Palandt/Weidlich, aaO, Rn. 9). Maßgeblich für die genaue Art der Bestattung (Feuer- oder Erd-, Art und Platz der Grabstätte, Gestaltung der Grabstätte, etc.) ist, ebenso wie zur Bestimmung des Berechtigten, nur der Wille des Verstorbenen, der im Gegensatz zu erbrechtlichen Verfügungen nicht formgebunden geäußert werden muss, sich also etwa auch aus mündlichen Äußerungen ergeben kann (vgl. Bamberger/Roth/Lohmann, 41. Edition, § 1968 BGB, Rn. 2 mwN). Daher ist es zwar möglich, nicht jedoch notwendig, entsprechende Wünsche im Testament zu artikulieren. Es empfiehlt sich aus praktischen Gründen, den Willen schriftlich zu fixieren, um eine spätere Feststellung zu ermöglichen, diese Fixierung aber unmittelbar für den Verantwortlichen zugänglich zu halten. Ein verwahrtes Testament, das erst der Eröffnung bedarf, um den Überlebenden bekannt zu werden, eignet sich dafür nicht: Muss die Bestattung schon vor der Eröffnung erfolgen, ist es schlicht zu spät, um auf die Wünsche eingehen zu können.

Insgesamt gilt: Bestatten darf der, dem der Verstorbene diese Aufgabe zugedacht hat und zwar in der Weise, die der Verstorbene gewählt hat. Die Grenze dieser Dispositionsbefugnis und auch des Entscheidungsspielraums des Berechtigten bildet das öffentliche Bestattungsrecht, das notfalls Angehörige oder die Behörde (z.B. § 31 II BestattG-BW) zwingt, die Bestattung vorzunehmen.

Ist der Angehörige, der bestattet hat bzw. bestatten musste, nicht auch der Erbe des Verstorbenen, hat er gegen diesen einen Erstattungsanspruch in Bezug auf die Kosten (§ 1968 BGB). Subsidiär kommt zusätzlich ein Anspruch gegen eventuelle Unterhaltsverpflichtete in Betracht (§ 1615 II BGB).

Die Kosten können aber auch bereits zu Lebzeiten entrichtet werden, was zur Vermeidung von Konflikten zwischen den Nachkommen beiträgt. So ist es etwa möglich, das gesamte Prozedere schon vor dem Tod mit einem Bestattungsunternehmer und der Friedhofsverwaltung festzulegen und zu bezahlen und mithin dem diesbezüglichen Willen unmittelbar Ausdruck zu verleihen.

Altersteilzeit bei Unterhaltspflichten

Darf ein Unterhaltsverpflichteter seine Unterhaltsverpflichtungen dadurch reduzieren, dass er seine regelmäßige Arbeitszeit und damit sein Einkommen z.B. durch einen Altersteilzeitvertrag verringert?

Grundsätzlich darf der Unterhaltspflichtige den Unterhalt nicht mutwillig oder leichtfertig gefährden. Beruhen Einkommensminderungen zum Beispiel auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen oder sind sie durch freiwillige berufliche oder wirtschaftliche Dispositionen des Unterhaltsverpflichteten veranlasst und hätten sie von diesem durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie deswegen unberücksichtigt mit der Folge, dass stattdessen fiktive Einkünfte anzusetzen sind (Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 45 und vom 15. Oktober 2003 – XII ZR 65/01 – FamRZ 2004, 254, 255).

Nach diesen Maßstäben unterhaltsbezogener Mutwilligkeit oder Leichtfertigkeit ist auch die Frage zu beurteilen, ob der Unterhaltspflichtige sein Einkommen durch die Inanspruchnahme von Altersteilzeit oder von Vorruhestandsregelungen reduzieren darf.

Bei der Vereinbarung von Altersteilzeit wird eine unterhaltsbezogene Mutwilligkeit regelmäßig dann nicht vorliegen, wenn der Bedarf des Unterhaltsberechtigten schon durch eigene Einkünfte und einen gegebenenfalls fortbestehenden Unterhaltsanspruch auf einem relativ hohen Niveau sichergestellt ist. Im Übrigen wird die Vereinbarung von Altersteilzeit dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Unterhaltspflichtige dafür auf betriebliche, persönliche oder gesundheitliche Gründe berufen kann, die bei einer Gesamtabwägung aller Umstände eine mit der Reduzierung seines Einkommens verbundene Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit auch gegenüber dem Unterhaltsberechtigten als angemessen erscheinen lässt (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 749 mwN.).

Es kommt also entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an, ob eine Verletzung der Unterhaltspflicht mit dem Abschluss eines Altersteilzeitvertrages verbunden sein kann oder ob dies eher nicht der Fall ist. Der Abschluss von Vereinbarungen des Unterhaltspflichtigen mit seinem Arbeitgeber über Altersteilzeit und damit ggfls. verbundenen Einkommenseinbußen ist also vorher sehr sorgfältig im Hinblick auf eventuell entstehende Verletzungen der Unterhaltspflicht abzuwägen, die zur Anrechnung eines fiktiven Einkommens führen können.

Umfang der Erwerbstätigkeit und Aufenthaltsbestimmungsrecht für Kinder

Die Meinung, dass ein Kind im Trennungs- oder Scheidungsfall immer bei dem Elternteil leben sollte, der mehr Zeit zur Kinderbetreuung hat weil er weniger arbeitet, ist weit verbreitet. Entgegen dieser Meinung sehen der Gesetzgeber und auch die überwiegende Rechtsprechung allerdings keinen unauflöslichen Zusammenhang zwischen dem Umfang der Erwerbstätigkeit der Elternteile und der Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechtes.

Zu entscheiden ist unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes, bei welchem Elternteil das Kind besser aufgehoben ist. Es kommt darauf an, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Ist ein Elternteil nicht oder weniger berufstätig, heißt das nicht, dass das Kind bei diesem Elternteil besser lebt (so z.B. OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.9.2016-10 UF 62/16).

Direktversicherungen im Ehevertrag beachten

Bei Eheverträgen, inbesondere bei der Vereinbarung der Gütertrennung mit Ausschluß des Zugewinns und Verzicht auf Zugewinnausgleichszahlungen ist zu beachten, dass dieser Verzicht keine Altersvorsorge-Verträge umfassen sollte, die im Versorungsausgleich nicht ausgeglichen werden können. Dies wäre z.B. bei Direktversicherungen beim Arbeitgeber oder ähnlichen Versicherungen der Fall.
Andernfalls würde der ausgleichsberechtigte Ehegatte von diesem zu teilenden Altersvorsorge-Kapital ausgeschlossen.

Kein Elternunterhalt bei vorheriger Nichteinhaltung der eigenen Unterhaltsverpflichtungen

Die Inanspruchnahme auf Elternunterhalt kann dann ausgeschlossen oder beschränkt sein, wenn der Unterhaltsberechtigte (= Elternteil) früher seinen eigenen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem jetzt Unterhaltsverpflichteten (= Kind) nicht oder nicht ausreichend nachgekommen ist (§  1611 BGB).

Fall: Ein erwachsener Sohn wird auf Unterhalt für seinen im Pflegeheim lebenden Vater in Anspruch genommen. Dieser Anspruch könnte entfallen, wenn der Sohn seit dem 3. Lebensmonat bei den Großeltern aufgewachsen ist, von diesen versorgt wurde und der Vater nie Unterhaltsleistungen für den Sohn erbrachte und wenn während eines Großteils der unterhaltpflichtigen Zeit kein Kontakt bestand, sondern ein sporadischer Kontakt erst später wieder aufgenommen wurde, z.B. nachdem der Sohn erwachsen war.

Hier ist es wichtig, in einem Verfahren diese Umstände gegen die Inanspruchnahme vorzubringen und auch nachweisen zu können.

Elder Mediation

Was versteht man unter diesem Begriff?

Elder Mediation ist die englische Bezeichnung für die Mediation von Konflikten, die speziell ältere Mitmenschen erfahren. Dies können Konflikte zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern sein, aber auch solche mit professionellen Organisationen wie zum Beispiel Pflegediensten und stationären Pflegeeinrichtungen.

Der Konfliktgrund liegt dabei häufig im Bereich des altersgerechten Wohnens, der Versorgung und Betreuung, in der Regelung von Erbangelegenheiten einschließlich geplanter Unternehmensübergaben an die nächste Generation, aber auch im allgemeinen Miteinander der verschiedenen Generationen und ihren jeweiligen Ansprüchen.

Die Besonderheit einer Konfliktlösung in diesem Themenumfeld ergibt sich dabei zunehmend von der veränderten Bedürfnislage der heute älter Werdenden. Im Allgemeinen sind sie weitaus aktiver in ihrer Lebensgestaltung als dies noch vor wenigen Jahrzehnten üblich war, bedingt durch die demografische Entwicklung auch aufgrund medizinischer Fortschritte. Somit stellen die heute älter Werdenden erhöhte Anforderungen an den Übergang zwischen aktivem (Berufs-)Leben und Rückzug „auf das Altenteil“ und damit auch an die jüngere Generation und die Organisationen, mit denen sie in dieser Übergangsphase konfrontiert sind.

Aufgabe eines Mediators in diesem Konfliktfeld ist es, individuell passende Lösungskonzepte mit den Betroffenen zu entwickeln, die diesen eine Anpassung an die veränderten Verhältnisse im Alter erlauben ohne Verzicht auf Lebensqualität und unter Berücksichtigung der Interessen ihrer Umwelt.